Die SYNGENTA GROUP ist eines der weltweit führenden Agrarunternehmen. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, als 100 Ländern entwickelt Syngenta innovative Lösungen für nachhaltige Landwirtschaft, um Landwirten zu helfen, begrenzte Ressourcen effizienter zu nutzen.
Wir haben mit Laurent Giezendanner, Head of Corporate Security and Legal Transformation bei der Syngenta Group, über das Krisenmanagement-Programm des Unternehmens gesprochen.
Wie unterscheiden Sie zwischen einem Vorfall und einer Krise?
Für uns liegt der Unterschied hauptsächlich in der Größe und Komplexität des Ereignisses. Ein Vorfall ist lokal begrenzt und kann vom Standort selbstständig bewältigt werden – etwa ein Streit zwischen Mitarbeitenden oder ein Einbruch. Eine Krise hingegen betrifft mehrere Ebenen, etwa wenn ein Brand große Auswirkungen hat oder externe Bedrohungen wie Milizen die Sicherheit ganzer Regionen gefährden. Sobald ein Ereignis über den Standort hinausgeht oder landesweite Auswirkungen hat, sprechen wir von einer Krise. Die Herausforderung besteht oft darin, dass Mitarbeitende dazu neigen, Situationen als „Vorfall“ zu klassifizieren, weil sie glauben, sie mit bestehenden Prozessen kontrollieren zu können. Wir möchten sie ermutigen, frühzeitig zu erkennen, wenn eine Situation das Potenzial zur Krise hat.
Gibt es sprachliche Unterschiede in der Definition?
Ja, kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle. Manche sprechen von „Ereignissen“, „Problemen“ oder „Situationen“. Wir lassen den lokalen Teams die Freiheit, ihre Begriffe zu wählen, achten aber darauf, wie diese Begriffe verwendet werden. Wichtig ist, dass wir ein gemeinsames Verständnis entwickeln.
Wie verändert sich Ihr Ansatz bei Krisen, die mehrere Standorte betreffen?
Krisenmanagement ist eine menschenzentrierte Aktivität. Bei Syngenta mit über 700 Standorten weltweit ist es entscheidend, dass unsere Prozesse einfach und anpassbar sind. Ein komplexes Handbuch mit 2.000 Seiten wäre nicht praktikabel. Stattdessen setzen wir auf ein einheitliches, leicht verständliches Modell, das kulturell flexibel ist.
Wie sieht dieses Modell konkret aus?
Wir nutzen das RACER-Modell – fünf einfache Schritte, die sich leicht merken und anwenden lassen:
- Report (Melden)
- Assess (Bewerten)
- Convene (Team zusammenstellen)
- Execute (Maßnahmen umsetzen)
- Resolve (Lösung herbeiführen)
Diese Struktur hilft uns, in Schulungen und Webinaren klare Botschaften zu vermitteln. Wichtig ist, dass die Inhalte relevant für den jeweiligen Standort sind. Ein Cyberangriff ist für ein Saatgutproduktionszentrum in Indien weniger relevant als extreme Wetterereignisse. Wir passen unsere Kommunikation entsprechend an.
Wie gehen Sie mit Krisenprävention um?
Prävention ist ein Dialog. Wir vermeiden starre Szenarien und setzen stattdessen auf Triggerpunkte – messbare Ereignisse, die anzeigen, ob sich eine Situation verschärft oder entspannt. Diese Triggerpunkte helfen uns, realistische Pläne zu entwickeln, die lokal akzeptiert und verstanden werden.
Ein Beispiel: Vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hatten wir Triggerpunkte definiert, die uns halfen, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen – etwa die Evakuierung von Mitarbeitenden aus Kiew und Saporischschja. Diese Vorbereitung war entscheidend.
Wie schulen Sie Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Krisen?
Wir setzen auf risikobasierte, zielgerichtete Schulungen. Bei 60.000 Mitarbeitenden weltweit konzentrieren wir uns auf Hotspots – etwa 20 Regionen, die wir intensiv beobachten. Dort fördern wir gezielt das Bewusstsein für Risiken.
Unsere Trainings bestehen aus klassischen Tabletop-Übungen, bei denen realistische Szenarien durchgespielt werden. Zukünftig möchten wir diese Übungen digitalisieren und skalieren, etwa durch KI-gestützte Tools, die Teams autonom testen können – besonders wichtig für die ersten 60 Minuten einer Krise.
Wie oft finden diese Übungen statt?
Wir arbeiten mit dem Enterprise Risk Management zusammen, um die größten Risiken zu identifizieren. Die Szenarien werden gemeinsam mit den Fachbereichen entwickelt, um realitätsnah zu bleiben. Die Übungen finden regelmäßig statt – virtuell oder vor Ort – und sollen künftig durch intelligente Tools ergänzt werden.
Wie sehen Sie die Zukunft des Krisenmanagements?
Die Art der Krisen hat sich deutlich verändert. Geopolitische Spannungen, extreme Wetterereignisse und Cyberbedrohungen nehmen zu. Die Digitalisierung der Landwirtschaft bringt viele Vorteile, aber auch neue Risiken. Unsere Aufgabe ist es, flexibel zu bleiben, relevante Szenarien zu erkennen und unsere Teams bestmöglich vorzubereiten.