"Zu mehr Rechtssicherheit hat die COVID-19 Pandemie keinesfalls beigetragen", schreiben die Autorinnen und Autoren im neuen Leitfaden „COVID-19 – Was hat sich im Rahmen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers geändert?" (Stand Oktober 2021), der von der International SOS Stiftung herausgegeben wurde. Bis 2020 habe es geschienen, als seien die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern weitgehend stimmig. Das habe sich in der Pandemie geändert.
Zusammengefasst kommen die Autorinnen und Autoren von KPMG Law und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zu folgenden Ergebnissen:
- Deutsche Unternehmen haben gegenüber ihren Mitarbeitern gem. § 241 Abs. 2 BGB im Allgemeinen und gem. § 618 BGB im spezielleren eine Fürsorgepflicht. Diese gilt unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder im Home-Office in Deutschland bzw. arbeitsbedingt im Ausland befindet.
- Für Mitarbeiter, die im Ausland eingesetzt werden, sind die Anforderungen an die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers höher einzustufen. Je länger der Einsatz im Ausland andauert, desto weitreichender können die Pflichten ausfallen. Darüber hinaus sind zusätzlich lokale Gesetze zu beachten.
- Durch die Corona-Pandemie sind für den Arbeitgeber zum Schutz der Arbeitnehmer zusätzliche Verpflichtungen im Bereich der Arbeitssicherheit (SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung), der Impfungen und der Testung hinzugekommen.
- Die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung verlangt wirksame und koordinierte Maßnahmen zur Vermeidung von Personenkontakten und zur Sicherstellung eines ausreichenden Infektionsschutzes in der gesamten Arbeitswelt unabhängig von der Unternehmensgröße. Dazu zählen u.a. Mindestflächen und -abstände, Lüftungskonzepte, ein Home-Office Angebot (maßgeblich für besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer) sowie Mund-Nasen-Schutz.
- Für Mitarbeiter, die in Deutschland tätig sind, hat der Arbeitgeber nur in besonderen Ausnahmefällen das Recht, eine Impfung von seinen Mitarbeitern zu fordern. Eine Impfpflicht besteht nicht. Auch eine mittelbare Impfpflicht für Mitarbeiter, z.B. durch Gewährung von Vorteilen wie Impfprämien oder spezielle Zugangsrechte, wird der Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen durchsetzen können.
- Werden Mitarbeitende hingegen im Ausland eingesetzt (Dienstreise oder Entsendung), besteht eine Impfpflicht, wenn im Zielland eine Impfung gesetzlich vorgeschrieben ist. Ebenso sind Testungen der reisenden Mitarbeiter durchsetzbar, wenn im Zielland eine Testpflicht besteht oder eine Testung zum Antritt bzw. zur Durchführung der Reise erforderlich ist.
Der neue Leitfaden ergänzt die Publikation „Rechte und Pflichten deutscher Unternehmen gegenüber ihren Arbeitnehmern bei der Auslandsentsendung“, die sich ausschließlich auf die Fürsorgepflichten gegenüber Mitarbeitern im Auslandseinsatz bezieht. Sie wurde bereits im Jahr 2014 erstellt, hat aber nach wie vor Gültigkeit.